Ich habe meiner Gattin Njuta versprochen noch zwei Predichten zu halten und dann Schluss zu machen, und meinen Predigerrock an den Nagel zu hängen bis ich dermaleinst im Sarge liege, und mein Schwalbenrock dann zum letzten Mal meine sterbliche Hülle und all meine Absichten zudeckend zieren wird. Als ich dann Njuta fragte, ob, verweiss, vielleicht der Wille aus höherern Stockwerken dazwischen kommen könnte, hat sie gesagt, dass wir dann solche Einmischungen zusammen prüfen werden, ob sie christlichen Ursprungs sind, und dann werden wir zu einer Entscheidung kommen, ob es da dann auch mit richtigen Dingen zugeht.
Der Grund, warum ich dabei etwas gezögert habe, zuzusagen und überein zu stimmen, ob dann dies die zweitallerletzte Predicht meines irdischen Daseins sein wird, ist weil mir die Predicht zum Ernteabschied, also zum Erntedankfest im Oktober immer zu gut geht, weil ich dann immer im inwendigen Menschen, also im Geistesauge die entscheidende Waage in die Hand nehme und abwiege, was und wie gross der Ertrag war, und nicht nur in leiblichen Dingen, sondern auch in Sachen der Ewigkeit.
Als ich so in meinen Gedanken hin und her spazierte, und Vergleiche zwischen dem hiesigen Jammertal und den Tälern in der Molosch zog, wurden mir die Gedanken dann doch sehr schwer und gross und wichtig. Aber wie es dann im Leben so ist: ich kam gerade aus der Post und nachdem ich ein paar Wörter der Freundlichkeit mit dem Postmeister Johann Warkentin gewechselt hatte, während ich dabei schon durch die hiesige Zeitung, also die Carillon News auf Englisch blätterte, fiel mir die Photographie aus der Rosengard Spalte von der Falkschen Tochter ins Auge, und siehe, der Text für die Predicht fier Haite war mir im Sinn, und all die Wörter schossen Heisterkopf, weil sie sich alle in mein Tintenfass auf einmal tummeln wollten.
Es gibt auch unter uns moderne Stimmen, die am liebsten nicht in den Spiegel der Gegenwart schauen wollen; ja sie drücken sich davor, weil sie es nicht aushalten können, ihre eigene unverblühmte Gegenwart mit einmal vor sich im Spiegel zu sehen. Und so ist es dann auch nicht verwunderlich, dass etliche Geschwister meinen, man darf als geistlicher Ermahner niemals nicht persönlich werden, sondern die Zeit und das allgemeine Geschehen als Verwässerungsmittel benutzen sollte um die Konturen der Wahrheit ein wenig abzuschleifen. O ja! So wird gedacht und auch gesprochen, und das verstehe ich, aber ich billige solches mitnichten, weil man doch nicht mit solchen billigen Handelsmethoden dem Hausmeister der Ewigkeit kommen darf. Nein, nein, das geht nicht, weil der genannte Torhüter des Perlentors sich niemals nicht auf solche Spielchen einlassen wird und darf! Das ist eine Verkennung göttlicher Absichten, glaubt mir, liebe Geschwister!
Weil es aber so Mode ist, und vielleicht auch gottgewollt ist, sollte man dann doch jeder Predicht einen Vers geben, einen Leitgedanken, also einen Bibelvers obendrauf. Und wenn man nicht einen solchen Bibelvers zur Hand hat, dann darf man ruhig, meine ich, einen biblischen Grundgedanken zum Thema wählen. Und dieser Leitgedanke fier die Predicht fier Haite ist ganz schlicht und einfach: Gott aber schaut sich das Herz an!
Und dieser Spruch passt dann auch haargenau als Inhalt zur Betrachtung der heutigen Predicht. Auf Seite 10B der Carillon News hat Schwester Falk ihren Artikel mit einer schönen Photographie, etwa siebzig Jahre alt verziert, und auf diesem Photo stehen, oder knieen, oder sitzen etwa fünfzehn so richtig vollblütige mennische Mummtjes, eine schöner und saftiger als die andere, und alle gottgefällig, wie aus dem Paradiesgarten frisch gepflickt.
Es ist eine Blumenpracht in Frauengestalt, wie sie selbst Goethe nicht hätte schöner besingen können, wenn er im Mailied wie ein forscher Vogel mindestens sechsstimmig lossingt, um die Frauenwelt zu rühmen.
Und wenn diese Frauen in ihren selbstgenähten Kleidern schon so herrlich aussehen wie ein frischer Blumengarten der Menschlichkeit, dann kann man sich vorstellen, wie edel dann erst das Gemüt solcher Prachtexemplare der Frauenwelt ist. O ja! Wenn der himmlische Vater nicht nur die Gestalt betrachtet, und er dann den Apostel Paulus schreiben lässt: sie sind lieblich anzusehen! dann lässt es sich leicht denken, wie der Vater im Himmel sich freut, wenn er eine Menge Gemeideschwestern in Rosengard beim Gartenmachen betrachtet, und alle sich in den schönsten nur vorstellbaren Kleidern präsentieren, und aber auch nicht eine einzige in den Modejeans der modernen Erbärmlichkeit herumstolziert, dann kann man getrost von der Verwirklichung des göttlichen Willens sprechen. O ja!
Und weiter: ich schäme mich kein Bisschen zu behaupten, dass im Vergleich zu diesen Mummtjess, die weder ihre Körper noch ihre Herzen zu verbergen versuchen, wenn der himmlische Vater so in der Sonntagsfrühe mal ein wenig Inspektion seiner Kinder durchführt, und man dann im Geistesauge im Vergleich dazu die Frauenzimmer der Moderne vorbeiwackeln lässt, die allesamt so gelangweilt in ihren Gesichtern durch die Gegend schauen, eine knochiger als die Nächste, und eine unnatürlicher als ihre Nachbarin, ob sie nun Paris Hilton oder Britney Spiers oder wie die langbeinige Verwerflichkeit alle heissen mag, und alle nach Schnapps oder Duchi riechen, und alle natürlich einen Handy oder auch zwei an jedem Ohr haben in den sie wichtigtuend ständig Unsinn hineinposaunen, anstatt nach frischem Naturduft oder frischem Bauernblut, wie es unsere Mummtjess noch vor kuzem es so gottgefällig an sich hatten rochen und dufteten! Ja, ja, das Gott sich solche Herzen gerne anschaut ist dochwohl eine grosse Selbstvertändlichkeit.
Und das Gott seinen Blick von denen sich im Pfuhl der Modernitäten Befindlichen abwendet, ist wohl genau so selbstverständlich!
Es wird, meine ich höchste Zeit, dass wir nicht nur heisse Eisen anfassen, sonder auch den Mut aufbringen zu urteilen, ob oder nicht der liebe Gott sich die Herzen seiner Kinder anschaut, sondern auch wie und was man zu tun hat, damit der himmlische Vater sich freut, wenn er die Herzen seiner Kinder mal gründlich betrachtet!
Amen!